Sami Khedira hat seine Karriere beim TV Oeffingen begonnen

Eine Spurensuche auf die Höh von Bernd Sautter aus seinem Buch “Fußballheimat Württemberg. 100 Orte der Erinnerung”:

Oeffingen, Tennwengert
Der Weg des Weltmeisters
Der Weg führt steil bergauf. Von Oeffingen aus durchquert man eine kleine Mulde, Ruckgraben genannt, bevor es hoch geht zum Tennwengert. Inzwischen ist der Sportplatz des TV Oeffingen nach dem Weltmeister aus dem eigenen Ort benannt. Sami-Khedira-Stadion. Aber Moment mal … Weltmeister? Pedanten mögen an dieser Stelle einwenden, dass Khedira im Finale überhaupt nicht mitgespielt hatte. Stimmt. Tatsächlich war er für die Startelf nominiert. Aber beim Warmmachen zwickte es. Die Wade. Viel dümmer kann es nicht kommen. Eine Viertelstunde vor dem Karrierehöhepunkt traf Khedira eine bemerkenswerte Entscheidung. Vielleicht wäre es gegangen, irgendwie, aber die Mannschaft war ihm wichtiger. „Der Moment der Gewissheit, nicht spielen zu können, das war mit Abstand der bitterste Moment meiner Karriere“, erzählte er dem kicker. Einige Wochen zuvor stand Khedira mit Real im Champions League-Finale. Bei Gegner Atlético stand der angeschlagene Diego Costa in der Startelf und hielt neun Minuten durch. Khedira musste in Rio nicht lange überlegen. Weil Fußball ein Mannschaftssport ist, darf sich Khedira Weltmeister nennen. Diese Wahrheit müssen auch die Pedanten anerkennen. Seine Entscheidung, auf das Spiel zu verzichten, war bereits weltmeisterlich.
In seiner Fußballheimat hat sich der Älteste der Khedira-Brüder schon zehn Jahre zuvor unsterblich gemacht. Im Oktober 2006 stand er erstmals in der VfB-Startelf. Im Januar 2007 unterschrieb er einen Profivertrag. Im Mai war er bereits Deutscher Meister – als Stammspieler. Das entscheidende Tor zum 2:1 gegen Energie Cottbus erzielte Khedira höchst selbst. Sami, Rani, Denny – auch die anderen Khedira-Brüder sind hervorragende Kicker. Als sich eine Zeitung bei den Dreien erkundigte, wer der beste Fußballer der Familie sei, fand Rani eine klare Antwort: „Eindeutig Denny! Kreativ und technisch klar der Beste von uns.“ Wer weiß, was aus ihm geworden wäre, wenn er sich nicht mit fünf Jahren den Oberschenkel gebrochen hätte und danach von Asthma verschont geblieben wäre.

Harte Fakten:
– Ruckgraben: auf 248 Höhenmeter
– Sportplätze: auf 277 Höhenmeter
– Distanz: ca. 400 Meter
– Maximale Steigung: ca. 9 Prozent

Bernd Sautter ist Werbetexter und Autor. Er schreibt regelmäßig für das Fußball-Magazin “Zeitspiel” und die Liga der Propheten. Für den Arete Verlag hat er die “Fußballheimat Württemberg” zusammengestellt.